Mietpreisbremse
Schreiben von Oberbürgermeister Bernd Häusler an die Landesregierung
Appell der Stadt Singen an die Landesregierung zum Erhalt der Mietpreisbremse
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann,
die Stadt Singen spricht sich entschieden gegen die geplante Streichung Singens aus der Liste der Städte mit Mietpreisbremse des Landes Baden-Württemberg aus. Als wirksames wohnungspolitisches Instrument trägt diese auf knappen Wohnungsmärkten wie in unserer Stadt dazu bei, das ansonsten wesentlich angespanntere Verhältnis zwischen Vermietern und Mietern im Gleichgewicht zu halten.
Wir appellieren deshalb an die Landesregierung, die Gebietskulisse der Mietpreisbremse nachhaltig und verlässlich zu gestalten, damit Städte nicht fortlaufend umplanen müssen. Denn die Notwendigkeit, dass dieses Instrumentarium auch ab 2026 weiterhin in unserer Stadt Wirksamkeit behält, ist in unseren Augen mehr denn je erforderlich.
Für den Gemeinderat und die Stadtverwaltung gehört das Thema einer angemessenen und ausreichenden Wohnungsversorgung für alle Einwohnerinnen und Einwohner unserer Stadt seit Jahren zu den drängendsten Problemen und Herausforderungen, die wir meistern müssen. Wir stellen uns dieser Verantwortung und können auf eine gute Bilanz, insbesondere im Bereich des Wohnungsneubaus, verweisen. Dennoch: Alle unsere Anstrengungen reichen bislang nicht aus.
Wie ein Gutachten vor diesem Hintergrund zum Ergebnis kommen kann, in Singen liege kein angespannter Wohnungsmarkt mehr vor, können weder die Stadtverwaltung noch die Praktiker aus der lokalen Wohnungswirtschaft nachvollziehen. Die erlebte Realität für die Einwohnerinnen und Einwohner unserer Stadt sieht anders aus.
Obwohl in den vergangenen Jahren zahlreiche neue Wohnungen in Singen und der Region entstanden sind, hat sich der Wohnungsmarkt für Mieterinnen und Mieter leider nicht entspannt. Mit einer durchschnittlichen Nettomiete von 8,23 Euro/m² ist Singen mit seiner städtischen Struktur ein äußerst gefragter Wohnungsmarkt für bezahlbare Mieten – gerade im Verhältnis zu den deutlich höheren Mietpreisen in der Region, vor allem rund um den See. Auch aus diesem Grund gibt es nach wie vor in unserer Stadt einen hohen Druck auf dem Wohnungsmarkt. Erschwerend kommt hinzu, dass seit dem Beginn des Ukrainekrieges der Neubau von Wohnungen stark nachgelassen hat und die Baukosten im Neubaubereich deutlich gestiegen sind.
Setzt die Landesregierung die aktuellen Pläne um, könnte in der Stadt Singen nicht nur die Mietpreisbremse gemäß § 556d des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht mehr angewandt werden, ebenso wird die abgesenkte Kappungsgrenze gemäß § 558 Absatz 2 BGB angehoben, so dass künftig in Singen Mietsteigerungen von 20 Prozent innerhalb von drei Jahren zulässig werden. Zudem wird der Kündigungsschutz nach einer Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen gemäß § 577a BGB spürbar verkürzt. Außerdem würde die Stadt Singen eine Reihe sinnvoller baurechtlicher Instrumente, die den Wohnungsbau erleichtern sollen, verlieren. Dies würde unsere Handlungsmöglichkeiten, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, erheblich einschränken.
Bei der Definition der Gebietskulisse geht es also um weit mehr als nur um die Frage, ob in Singen die Mietpreisbremse gelten soll. Die Landesregierung entscheidet vielmehr darüber, ob sie unserer Stadt wichtige Mittel gegen Wohnungsnot aus der Hand schlägt und gleichzeitig Schutzrechte für die Mehrheit der Singener Einwohnerinnen und Einwohner ersatzlos streicht.
In diesem Zusammenhang weisen wir, da uns das Gutachten für die Neufestlegung der Mietpreisbremse aktuell nicht vorliegt, auf unser derzeit laufendes Widerspruchverfahren gegen die im Rahmen des Zensus 2022 deutlich gesunkenen Einwohnerzahlen (etwa 2.500 Einwohner weniger) für die Stadt Singen hin. Eine strittige Berechnungszahl als Grundlage heranzuziehen, stellt unseres Erachtens das gutachterliche Ergebnis zum Wegfall des Geltungsbereichs als Gebietskulisse für unsere Stadt zumindest infrage.
Wir bitten inständig darum, dass Aussetzen der Mietpreisbremse für Singen vor allem im Hinblick auf den sozialen Frieden in unserer Stadt, nicht umzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Häusler